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MSCONS – Messwertübermittlung verstehen

Kapitel 3: MSCONS – Messwertübermittlung verstehen und nutzen

Im Herzen der deutschen Energiewirtschaft schlägt ein komplexes System des Datenaustauschs, das durch präzise definierte EDIFACT-Nachrichten am Laufen gehalten wird. Eine der wichtigsten dieser Nachrichten ist zweifellos die MSCONS (Metered Services Consumption Message). Sie ist das Medium der Wahl, wenn es um die Übermittlung von Messwerten – seien es Zählerstände, Lastgänge oder Summenzeitreihen – geht. Für jeden Sachbearbeiter in der Marktkommunikation und jeden IT-Verantwortlichen ist ein tiefes Verständnis der MSCONS-Nachricht unerlässlich, um die Prozesse von der Erfassung bis zur Abrechnung und dem Bilanzkreismanagement reibungslos zu gestalten. Dieses Kapitel beleuchtet den Aufbau, die Nutzung und die Bedeutung der MSCONS im Detail, immer im Kontext des BDEW-Regelwerks.

Die Rolle von MSCONS in der Energiewirtschaft

Die MSCONS-Nachricht ist das Fundament für die Abbildung des tatsächlichen Energieflusses. Ohne sie wäre eine korrekte Abrechnung, eine präzise Bilanzierung und ein funktionierendes Bilanzkreismanagement undenkbar. Ihre Hauptaufgaben umfassen:

  • Übermittlung von Zählerständen: Für die periodische Abrechnung und bei Lieferantenwechseln.
  • Übertragung von Lastgängen: Detaillierte Viertelstunden- oder Stundenwerte für RLM-Kunden (Registrierende Leistungsmessung) und die Bilanzierung.
  • Bereitstellung von Summenzeitreihen: Aggregierte Werte, die beispielsweise für die MaBiS (Marktregeln für die Bilanzkreisabrechnung Strom) relevant sind.
  • Kommunikation von Prognosewerten: In bestimmten Szenarien können auch Prognosen übermittelt werden.
  • Dokumentation von Messwertqualität: Informationen über die Qualität der Messwerte (z.B. gemessen, geschätzt, Ersatzwert).

Die korrekte und zeitnahe Übermittlung dieser Daten ist nicht nur für die interne Prozesskette von Energieversorgern und Netzbetreibern entscheidend, sondern auch eine regulatorische Anforderung, die durch das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und die entsprechenden BDEW-Anwendungshandbücher untermauert wird.

Aufbau einer MSCONS-Nachricht

Ähnlich wie andere EDIFACT-Nachrichten folgt auch die MSCONS einer standardisierten Struktur, die durch die EDIFACT-Hüllsegmente (UNB, UNH, UNT, UNZ) eingerahmt wird. Der Kern der MSCONS-Nachricht konzentriert sich auf die Darstellung der Messwerte und der zugehörigen Metadaten. Die wichtigsten Segmente, die den Inhalt einer MSCONS-Nachricht ausmachen, sind:

  • UNH (Message Header): Leitet die eigentliche MSCONS-Nachricht ein und identifiziert ihren Typ.
  • BGM (Beginning of Message): Gibt den Nachrichtentyp und eine Referenznummer an.
  • DTM (Date/Time/Period): Essentiell für die Zeitreihen. Hier werden die Gültigkeitszeiträume der Messwerte definiert.
  • RFF (Reference): Enthält Referenznummern, z.B. zur Marktlokation, zum Lieferantenwechsel oder zur Auftragsnummer.
  • NAD (Name and Address): Identifiziert die beteiligten Marktpartner, z.B. Absender (Messstellenbetreiber) und Empfänger (Netzbetreiber, Lieferant).
  • LOC (Place/Location Identification): Identifiziert die Marktlokation oder Messlokation, für die die Messwerte übermittelt werden.
  • LIN (Line Item): Definiert die Zählpunktbezeichnung, für die die Messwerte gelten.
  • IMD (Item Description): Beschreibt die Art der Messung (z.B. Lastgang, Zählerstand).
  • QTY (Quantity): Hier werden die eigentlichen Messwerte übermittelt, oft in Kombination mit einem Qualifier für die Qualität des Wertes (gemessen, geschätzt).
  • MEA (Measurements): Wird für die Übermittlung von Zählerständen verwendet.
  • UNS (Section Control): Trennt Abschnitte innerhalb der Nachricht, z.B. Kopf- und Detailinformationen.
  • UNT (Message Trailer): Beendet die MSCONS-Nachricht und enthält die Anzahl der Segmente.

Zeitreihen und Aggregationsstufen

Die Darstellung von Messwerten in der MSCONS-Nachricht erfolgt primär über Zeitreihen. Eine Zeitreihe ist eine Abfolge von Messwerten über einen bestimmten Zeitraum. Die Granularität dieser Zeitreihen kann variieren und wird als Aggregationsstufe bezeichnet:

  • Viertelstundenwerte (15-Minuten-Werte): Die feinste Auflösung, typisch für RLM-Zählpunkte. Diese Daten sind entscheidend für die detaillierte Lastanalyse und das Bilanzkreismanagement.
  • Stundenwerte: Werden oft für Gaszählpunkte oder aggregierte Stromdaten verwendet.
  • Tageswerte: Aggregierte Werte über einen ganzen Tag.
  • Monatswerte: Häufig für SLP-Zählpunkte (Standardlastprofile) zur Abrechnung verwendet, basierend auf Zählerständen.

Die MSCONS-Nachricht ist so konzipiert, dass sie diese verschiedenen Aggregationsstufen abbilden kann. Das DTM-Segment spielt hier eine zentrale Rolle, indem es den Beginn und das Ende des Zeitraums für die übermittelten Werte definiert. Die QTY-Segmente enthalten dann die entsprechenden Werte für die einzelnen Intervalle innerhalb dieses Zeitraums.

Beispiel (vereinfacht für Lastgang):

DTM+137:202401010000:203'
DTM+138:202401012359:203'
QTY+220:123.45:KWH'
QTY+220:125.67:KWH'
... (weitere 15-Minuten-Werte)

Hier definieren die ersten beiden DTM-Segmente den Zeitraum (01.01.2024 ganztägig). Die nachfolgenden QTY-Segmente würden dann die einzelnen Viertelstundenwerte für diesen Tag enthalten (hier nur exemplarisch zwei Werte dargestellt).

Segment-Referenz mit Beispielen

Lassen Sie uns einige der kritischen MSCONS-Segmente genauer betrachten:

LIN – Line Item (Positionsdaten)

Das LIN-Segment identifiziert den Zählpunkt, für den die Messwerte gültig sind.

LIN+1+DE12345678901234567890:Z11'

DE12345678901234567890 ist die Zählpunktbezeichnung, Z11 der Qualifier für die Identifikation des Zählpunkts.

IMD – Item Description (Artikelbeschreibung)

Das IMD-Segment gibt an, welche Art von Daten übermittelt wird.

IMD+C++Z01'

C steht für Code, Z01 für "Lastgang".

QTY – Quantity (Menge)

Das QTY-Segment übermittelt die eigentlichen Messwerte. Es ist oft das am häufigsten wiederholte Segment in einer MSCONS-Nachricht.

QTY+220:123.45:KWH'

220 ist der Qualifier für den Wert (z.B. gemessener Verbrauch), 123.45 der Wert selbst und KWH die Einheit.

MEA – Measurements (Messungen)

Dieses Segment wird typischerweise für Zählerstände verwendet.

MEA+AAE+1+Z51:9876.54:KWH'

AAE ist der Qualifier für den Messwert, 1 für den Zählwert, Z51 für den Zählerstand (Endstand) und 9876.54 der Wert in KWH.

Validierung von Messdaten

Die Qualität der Messdaten ist von höchster Bedeutung. Fehlerhafte oder unplausible Daten können zu falschen Abrechnungen, Ungleichgewichten in Bilanzkreisen und letztlich zu finanziellen Verlusten und Unzufriedenheit bei den Marktpartnern führen. Das BDEW-Anwendungshandbuch für MSCONS enthält detaillierte Regeln zur Validierung von Messdaten, die Folgendes umfassen:

  • Plausibilitätsprüfungen: Sind die Werte im erwarteten Bereich? Gibt es extreme Sprünge?
  • Vollständigkeitsprüfungen: Sind für alle erwarteten Zeitintervalle Werte vorhanden?
  • Konsistenzprüfungen: Stimmen die übermittelten Einheiten mit den erwarteten überein? Sind die Zählerstände logisch aufsteigend?
  • Formatprüfungen: Entsprechen die Datums- und Zahlenformate den Vorgaben?

Häufige Fehlerquellen sind unvollständige Zeitreihen, falsche oder fehlende Qualifier für die Messwertqualität (z.B. gemessen vs. geschätzt), fehlerhafte Einheiten oder inkorrekte Zählpunktbezeichnungen. Eine robuste Validierungsinfrastruktur ist unerlässlich. [LINK:Willi-Mako bietet umfassende Validierungsfunktionen für MSCONS-Nachrichten, die Ihnen helfen, Fehler frühzeitig zu erkennen und die Datenqualität zu sichern.|https://stromhaltig.de/app]

Integration in Bilanzkreisprozesse

Die MSCONS-Nachricht ist ein zentraler Baustein für das Bilanzkreismanagement. Die übermittelten Lastgänge und Summenzeitreihen sind die Grundlage für die Bilanzierung der Energieflüsse. Messstellenbetreiber übermitteln die relevanten Daten an die Netzbetreiber, welche diese wiederum zur Erstellung der Bilanzkreissummen und zur Kommunikation an die Bilanzkreisverantwortlichen (BKV) nutzen.

Die MaBiS (Marktregeln für die Bilanzkreisabrechnung Strom) definieren detailliert, wie diese Daten für die Bilanzierung zu verwenden sind. Eine präzise und zeitgerechte MSCONS-Übermittlung ist entscheidend, um Ungleichgewichte in den Bilanzkreisen zu vermeiden oder zu minimieren, was direkte finanzielle Auswirkungen für die Marktteilnehmer hat. Fehler in den Messdaten können zu aufwändigen Korrekturprozessen und teuren Ausgleichsenergiekosten führen.

Herausforderungen und Best Practices

Der Umgang mit MSCONS-Nachrichten bringt spezifische Herausforderungen mit sich:

  • Datenvolumen: Insbesondere bei vielen RLM-Zählpunkten kann das Datenvolumen erheblich sein.
  • Zeitkritik: Messdaten müssen oft innerhalb kurzer Fristen übermittelt werden, um die Bilanzierungsprozesse nicht zu verzögern.
  • Fehlerbehandlung: Die Identifikation und Korrektur von Fehlern in großen Datenmengen ist komplex.
  • Standardkonformität: Die ständige Einhaltung der aktuellen BDEW-Vorgaben ist eine Daueraufgabe.

Um diese Herausforderungen zu meistern, empfehlen sich folgende Best Practices:

  • Automatisierung: Weitestgehende Automatisierung der Erstellung, des Versands und der Verarbeitung von MSCONS-Nachrichten.
  • Robuste IT-Systeme: Einsatz von Systemen, die hohe Datenmengen verarbeiten und eine hohe Verfügbarkeit gewährleisten können.
  • Proaktives Monitoring: Überwachung der Nachrichtenflüsse und der Datenqualität, um Probleme frühzeitig zu erkennen.
  • Klare Fehlerprozesse: Definierte Abläufe für die Behandlung und Korrektur von fehlerhaften Messdaten.
  • Regelmäßige Schulungen: Fortbildung der Mitarbeiter zu den aktuellen MSCONS-Standards und BDEW-Regeln.

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Fazit

Die MSCONS-Nachricht ist das Herzstück der Messwertübermittlung in der deutschen Energiewirtschaft und ein unverzichtbares Instrument für die Marktkommunikation. Ein tiefes Verständnis ihres Aufbaus, der Darstellung von Zeitreihen und Aggregationsstufen sowie der Anforderungen an die Validierung von Messdaten ist entscheidend. Nur durch die präzise und effiziente Nutzung der MSCONS können die komplexen Prozesse des Bilanzkreismanagements und der Abrechnung reibungslos funktionieren und die Compliance mit den BDEW-Vorgaben sichergestellt werden.

Praxis-Tipps

  • Verstehen Sie die Qualifier: Die Qualifier in DTM, QTY und IMD sind entscheidend für die korrekte Interpretation der Daten. Nehmen Sie sich Zeit, diese zu studieren.
  • Nutzen Sie Referenzdokumente: Das BDEW-Anwendungshandbuch für MSCONS ist Ihre primäre Quelle für detaillierte Informationen und Regeln.
  • Automatisieren Sie die Datenprüfung: Implementieren Sie automatisierte Checks für Plausibilität und Vollständigkeit, bevor Nachrichten versendet oder verarbeitet werden.
  • Kommunizieren Sie klar bei Fehlern: Bei Fehlern in Messdaten ist eine schnelle und klare Kommunikation mit den Marktpartnern essenziell.
  • Berücksichtigen Sie Zeitumstellungen: Achten Sie auf die korrekte Abbildung von Zeitreihen bei Sommer- und Winterzeitumstellungen – ein häufiger Fehlergrund.